Vertreibungsopfer fühlen sich verhöhnt

Scharfer Protest der Sudetendeutschen Landsmannschaft wegen Ehrung von Beneš

Als eine Verhöhnung der Opfer der Vertreibung sowie der Opfer der Gewalt sieht der Landesobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Hessen, Alfred Herold, das vom tschechischen Parlament beschlossene Sondergesetz zur Ehrung des früheren tschechoslowakischen Staatspräsidenten Edvard Beneš an. Beneš gelte als Urvater der ethnischen Säuberungen in Europa. Über drei Millionen Sudetendeutsche seien durch die sogenannten Benesch-Dekrete rechtswidrig enteignet sowie völlig entrechtet und anschließend vertrieben worden. Beneš habe zu Gewalttaten gegen Deutsche aufgerufen. Das führte zu Massenmorden an Deutschen. Als Beispiel nannte Herold das Massaker von Aussig. Der Landesobmann bezeichnete Beneš als einen "Schreibtischtäter".

Vertreibungen seien in Europa geächtet. Der frühere serbische Staatschef Milosevics, der Vertreibungen und Morde zu verantworten habe, stehe vor Gericht. Es widerspreche der europäischen Werteordnung und dem Rechtsbewußtsein der Opfer, daß Beneš posthum diese Ehrung erfahre. Sudetendeutsche, die Opfer von Gewalttaten durch tschechische Revolutionsgarden wurden, seien heute noch traumatisiert.

Herold sah es als positives Zeichen an, daß nicht alle Abgeordneten des tschechischen Parlaments diesem Gesetz zustimmten. Er dankte besonders den tschechischen Parlamentariern, die dagegen gestimmt haben. Besonderer Dank gelte dem Chef der Freiheitsunion (US), der dazu erklärte: Solche deklaratorischen Gesetze seien nicht angebracht und "weil dieses Gesetz außerdem dazu bestimmt war, die Emotionen, die zwischen den Nationen bestehen, weiter aufzuschaukeln und nicht zu glätten". Weiter sei der Name Beneš mit zweifacher Kapitulation vor totalitären Systemen verbunden.

Herold wandte sich gegen jegliche Kollektivschuld. Die gemeinsame deutsch- tschechische Geschichte müsse objektiv aufgearbeitet werden. Ohne diese Aufarbeitung seien Konflikte immer vorprogrammiert.

Herold verwies auf das Wiesbadener Abkommen vom 4. August 1950, in dem sich Vertreter der Sudetendeutschen und des Tschechischen Nationalausschusses für ein geeintes Europa ausgesprochen hätten. In diesem Abkommen heiße es weiter: "Beide Teile lehnen die Anerkennung einer Kollektivschuld und des aus ihr fließenden Rachegedankens ab, sie verlangen aber die Wiedergutmachung der Schäden, die das tschechische Volk und das sudetendeutsche Volk erlitten haben und die Bestrafung der geistigen Urheber und der ausführenden Organe der begangenen Verbrechen".

"Wenn diese Grundsätze heute angewandt würden, wäre man schon ein großes Stück weiter", so der Landesobmann.

Wiesbaden, 27. Februar 2004