Tschechische Republik muss sich europäischem Rechtsstandard stellen

Bei der Landesversammlung der Landesgruppe Hessen der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Löhnberg wurde heftige Kritik an der Weitergeltung der sogenannten Benesch-Dekrete in der Tschechischen Republik geübt.

Weiter verabschiedeten die Delegierten zwei Entschließungen zu aktuellen Problemen. In der einen Entschließung stellten sie fest, dass der 8. Mai 1945 für die Sudetendeutschen kein Tag der Befreiung war, sondern die Fortsetzung von Mord, Gewalt und Internierung in unmenschlichen Zwangslagern.

In einer weiteren Entschließung forderten die Delegierten die Bundesregierung und die Regierung der Tschechischen Republik auf, darauf hinzuwirken, dass die sudetendeutschen Opfer von Terror und Gewalt nach dem Zweiten Weltkrieg würdig bestattet werden und nicht in Massengräbern verscharrt bleiben.

Benesch-Dekrete verstoßen eklatant gegen europäische Rechtsgrundsätze

Wie der Europaabgeordnete Thomas Mann (CDU) in seiner Ansprache ausführte, waren die Benesch- Dekrete, soweit sie die Sudetendeutschen betreffen, der Grund, dass er sich bei der Abstimmung im Europäischen Parlament über den Beitritt der Tschechischen Republik der Stimme enthielt. Thomas Mann bemerkte dazu, diese Dekrete seien Rechtsgrundlage für die Entrechtung und Enteignung der Sudetendeutschen gewesen. Sie verstießen eklatant gegen europäische Rechtsgrundsätze. Diese Unrechtsdekrete müssten immer wieder auf die europäische Tagesordnung gebracht werden. Seine Enthaltung komme einer Ablehnung gleich.

Thomas Mann begründete seine Entscheidung schriftlich. In der Begründung heißt es unter anderem:
Ausschlaggebend dafür war, dass es die Prager Regierung nicht für nötig hielt, sich von den Dekreten des einstigen Präsidenten zu distanzieren. In diesen wurden schwerste Straftaten einschließlich Mord für rechtmäßig erklärt, die im Zuge der Vertreibung an Deutschen, Österreichern und Ungarn verübt worden waren. Es ist nicht hinnehmbar, dass das Tschechische Parlament im April 2002 diese Art der Vertreibung als »unanzweifelbar, unantastbar und unveränderlich« bestätigte.
Ein wesentlicher Teil meiner Arbeit im EP ist es, die Einhaltung von Menschenrechten durchzusetzen…….. Von der Einhaltung dieser Bedingungen hängt ….. die Beitrittsfähigkeit ab.
Da sie von der tschechischen Seite nicht verwirklicht wurde, wäre ein Nein meinerseits zum Handeln der dortigen politisch Verantwortlichen absolut gerechtfertigt. Da es jedoch nicht um eine Abstimmung über Regierungen geht, sondern über Staaten und deren Völker, habe ich mich heute der Stimme enthalten.

Thomas Mann wies auf weitere Defizite bei der Umsetzung des EU- Rechts in der Tschechischen Republik hin. In diesem Zusammenhang nannte er das Gesundheitswesen, die Strafverfolgung und die Bekämpfung der Korruption.

Der Europaabgeordnete äußerte schwere Bedenken gegen den Beitritt Rumäniens und Bulgariens zur EU. Er trat jedoch für die Aufnahme Kroatiens ein. Dieser Land habe einen Anspruch darauf.

60 Jahre nach Kriegsende muss Rechtsfrieden hergestellt werden

Landesobmann Alfred Herold, der in seinem Amt bestätigt wurde, begrüßte ausdrücklich den Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union.

Doch habe dieser Akt einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Wer auch noch im Jahr 2005 nicht imstande ist, sich von einem Gesetz zu trennen, das allen Völkerrechtsnormen widerspricht, der stellt die Europafähigkeit seines Landes in Frage. Gemeint ist hier das sogenannte "Straffreistellungsgesetz" vom 8. Mai 1946.

Herold mahnte bei der tschechischen Regierung an, sich auch zu den eigenen Verbrechen zu bekennen, was auf deutscher Seite eine Selbstverständlichkeit sei.

Das Bekenntnis deutscher Schuld und die Trauer über deutsches Leid müssen sich nicht widersprechen.

Zu der offenen sudetendeutsche Frage bemerkte der Landesobmann: 60 Jahre nach Kriegsende muss endlich Rechtsfrieden hergestellt werden. Das kann nur im Benehmen mit den betroffenen Nachbarstaaten erreicht werden. Deshalb fordern wir eine politische Lösung.

Weiter rief der Landesobmann dazu auf, das geplante Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin zu unterstützen. Auch, wenn von bestimmter politischer Seite Störmanöver kommen, dieses Vorhaben kann man nicht mehr verhindern. Die Bewahrung des leidvollen Schicksals der deutschen Heimatvertriebenen und ihres kulturellen Erbes im kollektiven Bewusstsein unseres Volkes zu erhalten, ist unsere gemeinsame Aufgabe.

Alfred Herold, der auch Landesvorsitzender des Bundes der Vertriebenen ist, bejahte die von der Hessischen Union beim letzten Parteitag angestoßene Patriotismusdebatte. Wer - wir Sudetendeutschen - die Heimat mit Gewalt verlassen musste, der weiß, welchen Wert und welche Orientierung das Wort Heimat bedeutet, so Herold. Weiter unterstützte er die kürzlich von der Jungen Union erhobene Forderung, zu Beginn des Abendprogramms des Hessischen Rundfunks das Deutschlandlied und das Hessenlied zu spielen.

Der Landesobmann dankte der Hessischen Landesregierung, insbesondere Ministerpräsident Roland Koch und der Hessischen Sozialministerin Silke Lautenschläger für die Unterstützung. In seinen Dank schloss er den Beauftragten der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Rudolf Friedrich, mit ein.

Verbundenheit mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft bekundet

Der hessische Finanzminister Karlheinz Weimar bekundete in seinem Grußwort seine Verbundenheit mit den Sudetendeutschen. Nach seiner Auffassung kann die Zukunft nicht positiv gestaltet werden, wenn keine Lösung der Probleme der Vergangenheit herbeigeführt werde. Wirtschaftliche Interessen dürften nicht im Vordergrund stehen.

Der Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Rudolf Friedrich, der erst vor wenigen Wochen von einem offiziellen Pragbesuch zurückkam, forderte die Aufhebung der Benesch-Dekrete, die mit dem europäischen Recht nicht im Einklang ständen. In dieser Frage dürften die Heimatvertriebenen nicht allein gelassen werden. Die Bundesregierung sollte sich für die rechtlichen Interessen der Sudetendeutschen gegenüber der tschechischen Regierung einsetzen, weil nur ein Ausgleich dem Frieden dient, so Friedrich.

Der Bundestagsabgeordnete Holger Haibach übte Kritik an der Bundesregierung, weil sie die Kulturarbeit der Vertriebenen nicht hineichend unterstütze. Er trat für die Aufarbeitung der Geschichte ein. Geschichtslosigkeit heißt Gesichtslosigkeit, erklärte er.

Der Bürgermeister von Löhnberg, Jörg Sauer, lobte als Angehöriger der jüngeren Generation die Aufbauleistung der deutschen Heimatvertriebenen. Die Vertreibung bezeichnete er als das letzte Kriegsverbrechen.

Josef Plahl, BdV-Kreisvorsitzender des Landkreises Limburg- Weilburg, wies darauf hin, dass der erste Vertriebenentransport in Hessen aus dem Sudetenland am 4.Februar 1946 auf dem Bahnhof in Weilburg eingetroffen sei. Die entsprechende Tafel sei gestohlen worden. Plahl rief zu Spenden auf.

Adolf Wolf

Neuwahl des Landesvorstandes der SL- Hessen

Bei der Landesversammlung der Landesgruppe Hessen der Sudetendeutschen Landsmannschaft fanden auch Neuwahlen des Landesvorstandes statt.
Siehe: Vorstand für die jetzige Zusammensetzung.