Kulturpolitik ist gegenwärtig die beste Heimatpolitik

Landeskulturtagung der Landesgruppe Hessen der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Unter dem Motto "Kulturpolitik ist die beste Heimatpolitik" stand die Landeskulturtagung der Landesgruppe Hessen der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL) im Wappensaal des Haus der Heimat in Wiesbaden. Die Veranstaltung fand großen Zuspruch. Aus allen Teilen Hessens waren Teilnehmer angereist. Der stellvertretende Landesobmann Manfred Hüber und der Landeskulturreferent Helmut Seidel freuten sich über den guten Besuch und hießen die Teilnehmer willkommen. An der Landeskulturtagung nahm auch der Bundeskulturreferent der SL, Reinfried Vogler, teil.

In anschaulicher Weise zeichnete der Münchner Historiker, Dr. Richard Grill, ein Bild des genialen Barockbaumeisters Balthasar Neumann. Obwohl Neumann in Eger geboren wurde, habe er kein einziges Bauwerk in Böhmen errichtet. Vom Glockengießer brachte er es bis zum Artillerieoberst und zu einem großen Meister der Baukunst in Würzburg. Als sein herausragendes Bauwerk nannte Richard Grill die Residenz in Würzburg.

Rektor a. D. Gustl Gromes führte in das Leben des Heimatdichters und Sängers aus dem Erzgebirge, Anton Günther, ein. Die Musiker aus dem Erzgebirge seien bekannt gewesen. Man habe das Erzgebirge damals als "singendes Land" bezeichnet. Allerdings sei das Leben hart gewesen und es herrschte große Not. Anton Günther gilt als Erfinder der Liedpostkarte. Seine Lieder bekundeten eine tiefe emotionale Bindung an seine Heimat.
Der Heimatdichter und Sänger hatte ein tragisches Ende. Er vereinsamte von Monat zu Monat, bis er Selbstmord beging. Die Adalbert Stifter Gruppe aus Darmstadt untermalte anschließend den Vortrag mit Liedern von Anton Günther.

Heimat, Kultur und Eigentum stehen in einem engen Zusammenhang. Dr. Herfried Stingl, stellvertretender Landesobmann, untersuchte mit seinem Vortrag die Frage "Heimatrecht ohne Eigentumsrecht?". Zunächst setzte sich Stingl mit dem Begriff "Heimat" auseinander. Dabei stellte er fest, Heimatbewusstsein sei individuell. Für ihn gebe es keine neue Heimat. "Meine Heimat ist das Egerland, Groß-Gerau ist mein zu Hause", hob er hervor.

Auf die Vertreibung eingehend, zitierte der Referent den Völkerrechtler Felix Ermacora, der die Vertreibung als einen Akt des Völkermordes einstufte. Damit würde in Bezug auf das entzogene Eigentum kein Rechtstitel begründet. Stingl schränkte in diesem Zusammenhang ein, es dürften aber keine neuen Vertreibungen erfolgen. Er forderte einen gerechten Interessenausgleich. Leider komme dieser Begriff in den heutigen Reden der Politiker nicht mehr vor.

In der jetzigen Zeit werde viel von Versöhnung gesprochen. Versöhnung im eigentlichen Sinne heiße "Bekenntnis zum Unrecht, das man begangen hat und eine Wiedergutmachung, soweit das möglich ist". Versöhnung dürfe keine Einbahnstraße sein. Stingl verwies weiter auf eine Entschließung der Bundesversammlung des Bundes der Vertriebenen, in der gefordert wird, die offenen Eigentumsfragen mit den östlichen Nachbarn befriedigend zu klären. Vorher müsse jedoch ein Rückkehrrecht eingeräumt werden. Es sei unerheblich, wer dieses Recht in Anspruch nehme. Ein Verzicht auf das Recht auf die Heimat bedeute eine Anerkennung der Vertreibung. Als eine mögliche Lösung der Eigentumsfrage plädierte Stingl für das ungarische Modell. Entscheidend dabei sei, dass die Vertreibung als Unrecht anerkannt werde.

Dipl. Ing. Norbert Quaiser setzte sich mit "Kritischen Fragen zur aktuellen Verbandspolitik" auseinander. Besonders unterstrich er, dass eine Lösung der offenen Fragen ohne die Erfahrungsgeneration nicht möglich sei. Die junge Generation rief er auf, sich anzuschließen.

Nach Meinung des Referenten dürfe die Verbandsarbeit auf der obersten Ebene nicht zu viel Rücksicht auf Parteipolitik und auf Strömungen innerhalb des europäischen Parlaments nehmen. Die politischen Ziele der SL könnten sich nicht allein auf Museumspolitik beschränken.

Als wichtige Aufgaben im Verhältnis zur Tschechen Republik nannte er:
Gemeinsame Aufarbeitung der Geschichte, Kampf gegen jegliche Diskriminierung und die gemeinsame Gestaltung der Zukunft. "Es ist höchste Zeit, dass wir uns aus dem Wartesaal der Geschichte verabschieden", führte er weiter aus. Auch forderte Quaiser eine Entschädigung für Deutsche, die in der Tschechoslowakei Zwangsarbeit leisten mussten.

Die sudetendeutsche Schriftstellerin, Gerti Brabetz, las abschließend aus ihrem Buch "Das falsche Bild". Dieser historische Roman spielt in Krummau und beleuchtet die Vertreibung und das Leben nach der Vertreibung. Die Protagonistin, Vera, fährt nach Krummau und ist auf der Suche nach der Vergangenheit. Liebe, Verlust, und Vergebung spielen eine Rolle. Auch werden vergessene Familientragödien wieder wach.

Adolf Wolf
im Dezember 2007