SL Hessen

Sudetendeutsche Landesgruppe Hessen tagt in Wiesbaden

Erinnerung an die Ankunft der ersten Vertriebenentransporte vor 70 Jahren in Hessen

Mitte April hatten sich zahlreiche Delegierte aus 26 hessischen Kreisgruppen der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL) zu ihrer diesjährigen Landesversammlung im Wiesbadener Haus der Heimat versammelt.

Astrid Wallmann (MdL), stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, sprach zu den Delegierten und ging dabei auch auf die Situation der Ankunft der ersten Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland in Hessen vor nunmehr 70 Jahren ein. "Es ist mir ein Bedürfnis, die Bedeutung der nach dem 2. Weltkrieg im Jahr 1950 gegründeten Sudetendeutschen Landsmannschaft, und dabei vor allem auch die große historische Aufgabe der Integration von fast 400.000 vertriebenen Sudeten-deutschen in Hessen herauszustellen und zu würdigen. Sie als Landsmannschaft der Sudentendeutschen sind bis zum heutigen Tag ein wichtiger Verband und eine Interessengruppe für Hundert-tausende in Hessen, deren Familien ursprünglich aus dem Sudetenland stammten und nun dieses Bundesland als neue Heimat bezeichnen. Zurzeit gibt es zahlreiche Jahrestage, an denen an das Unrecht von Vertreibung und Flucht gedacht wird, damit diese für Millionen so traumatischen Erlebnisse nicht in Vergessenheit geraten und weiterhin künftigen Generationen eine Mahnung sind zum Ausgleich und Frieden zwischen den Völkern."

Wallmann erinnerte in ihrer Rede auch an den im vergangenen Jahr im Hessischen Landtag statt gefundenen Festakt zum "Wiesbadener Abkommen" vor 65 Jahren. Den Vertriebenenverbänden und deren angegliederten Landsmannschaften sei es zu verdanken, dass diese schmerzvollen Erinnerungen an die unmittelbare Nachkriegszeit im Bewusstsein der Bundesrepublik und Europas wach gehalten werden.

Zur aktuellen Situation der Kriegsflüchtlinge heutiger Tage eingehend, stellte die hessische Politikerin fest:
"Oftmals wird in diesen Tagen im Zusammenhang mit dem aktuellen Flüchtlingszustrom von der damaligen erfolgreichen Integration der Vertriebenen nach dem zweiten Weltkrieg gesprochen. Fest steht: was bisher an menschlicher und materieller Zuwendung von Deutschen gegenüber Flüchtlingen geleistet wurde, war und ist großartig."

"Ich glaube, dass viele Deutsche in der Erinnerung an das damalige Vertriebenen-Schicksal emotional besonders sensibel gegenüber den Flüchtlingen beispielsweise aus Syrien oder aus dem Irak sind. Ich glaube aber dennoch nicht, dass man Vergleiche bezüglich der Integration von deutschen Flüchtlingen und Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg mit der heutigen Flüchtlingssituation anstellen kann. Seinerzeit kamen Deutsche zu Deutschen: man hatte den gleichen religiösen Hintergrund, Sitten und Bräuche waren gleich, kulturelle Unterschiede gab es nicht, mit anderen Worten, die damaligen Umstände waren völlig andere als die heutigen. Die bevorstehende Integrationsaufgabe wird daher vermutlich auch schwieriger sein als das historische Vorbild. Die Integration von mehreren Millionen Vertriebenen innerhalb von nur wenigen Jahren gehört zu den herausragenden Leistungen der Nachkriegsgeneration und wird als solche auch in Erinnerung bleiben."

Zu Beginn der Delegiertenversammlung konnte Reinfried Vogler, Präsident der SL-Landesversammlung, als Ehrengäste Margarete Ziegler-Raschdorf (Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler), Stadträtin Christa Knauer in Vertretung des Wiesbadener Oberbürgermeisters Sven Gerich, Stadtverordneten-vorsteher Wolfgang Nickel, Stadtverordneten Stephan Belz, Dr. Thomas Weichel (Stabsstelle Wiesbadener Identität), Leo Maniura (Seliger-Gemeinde) sowie Vertreter der Presse begrüßen.

In ihren Grußworten lobte Margarete Ziegler-Raschdorf das Selbstbewusstsein und das vielfältige Engagement der hessischen Landesgruppe. Dabei ging sie auch auf die kürzlich von der SL-Bundesversammlung durchgeführte, von manchen in den eigenen Reihen kritisierte, Satzungsänderung ein und führte dazu aus:
"Die Sudetendeutsche Landsmannschaft bemüht sich um ein zeitgemäßes Erscheinungsbild und Überprüfung ihres eigenen Selbstverständnisses, so zum Beispiel die Erneuerung und Überarbeitung ihrer eigenen Satzung."

Sie erinnerte darüber hinaus an die ersten Vertriebenentransporte Anfang Februar 1946 in Weilburg, mit denen allein aus dem Sudetenland 330.000 Menschen nach Hessen gekommen waren. Dabei sei oft auch Ablehnung zu spüren gewesen, musste doch das Wenige was damals vorhanden war, mit den Millionen von Menschen geteilt werden, die aus dem Osten vertrieben wurden. "Letztendlich aber ist in der Rückschau die Aufnahme und Eingliederung der Heimatvertriebenen eine regelrechte und einzigartige Erfolgsgeschichte in unserem Land. Sie ist eine der größten politischen und menschlichen Anstrengungen, die Deutschland je gemeistert hat." Den Menschen, die nach den allseits gelungenen Integrationsleistungen auf beiden Seiten fordern, nun müsse doch einmal genug sein, mit dem ewigen Erinnern, hielt die Landesbeauftragte entgegen: "Die größte Katastrophe nach der Katastrophe ist das Vergessen!"

Landesobmann Markus Harzer ging in seinem Geschäftsbericht auf zahlreiche Aktivitäten im vergangenen Jahr ein. Dabei hob er die Bedeutung des alljährlich statt findenden Kulturtages der SL-Landesgruppe für die Bewahrung und Weitergabe der sudeten-deutschen Kultur hervor. Zur Förderung der Jugendarbeit wurde von den Delegierten die Finanzierung eines Projekt verabschiedet, das die Nachwuchsarbeit unterstützen soll. In diesem Zusammenhang dankte Harzer der hessischen Landesregierung für die finanzielle Unterstützung zur Durchführung der vielfältigen Kulturarbeit der SL-Landesgruppe.

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Text und Fotos: SL-Landesgruppe Hessen, Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

April 2016