Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages treten für eine menschenwürdige Bestattung der sudetendeutschen Opfer ein

Nach dem Zweiten Weltkrieg verübten Angehörige der tschechoslowakischen Armee, Partisanen, Aufständische und Zivilisten Massaker an Sudetendeutschen. Die Ermordeten wurden meist außerhalb des Friedhofs verscharrt. Beispielsweise sind die Massenmorde in Postelberg, in der Umgebung von Teplitz und in Haida zu nennen.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge kann diese Opfer von Gewalttaten nicht bergen und menschenwürdig bestatten, da ein entsprechendes Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik bisher nicht abgeschlossen werden konnte.

Die Landesgruppe Hessen der Sudetendeutschen Landsmannschaft befasste sich bei der Landesversammlung in Höchst im Odenwald mit dieser Problematik.

Die Delegierten verabschiedeten eine Entschließung in der gefordert wird, die Arbeit des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf eine rechtlich verbindliche Basis zu stellen. In der Entschließung heißt es unter anderem:
"Mit dieser Forderung soll keine Anklage gegen das tschechische Volk erhoben werden.

Europäischer Kulturnationen sind es ihren Toten schuldig, dass diese menschenwürdig bestattet werden.

Die Delegierten fordern weiter:

Alle Toten von Terror und Gewalt auf den Soldatenfriedhöfen in der Tschechischen Republik unter Teilnahme von offiziellen Vertretern der deutschen und der tschechischen Seite würdig beizusetzen.

Diese Entschließung ging allen Fraktionen des Deutschen Bundestags sowie Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundesaußenminister Joseph Fischer zu.

Die Reaktion auf diese Initiative war positiv.

Nachstehend veröffentlichen wir Auszüge aus den Antwortschreiben.

Das Auswärtige Amt teilte auch im Auftrag des Bundeskanzleramtes mit:
"Wie Ihnen bekannt ist, ist der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) von der Bundesregierung mit der Pflege der deutschen Gräber im Ausland beauftragt worden. Bisher erfolgt die Arbeit de VDK in der Tschechischen Republik auf der Grundlage des Nachbarschaftsvertrages von 1992. Es ist beabsichtigt, das derzeit noch in der Verhandlungsphase befindliche ergänzende Kriegsgräberabkommen noch in diesem Jahr abzuschließen. Von diesem Abkommen werden auch Personen, die 'im Zusammenhang mit den Ereignissen des Krieges 1939/1945 auf tschechischem Boden ums Leben gekommen sind', erfasst. Auf dieser Grundlage wird sich der VDK dann auch der zivilen Opfer annehmen können."

Die Vorsitzende der CDU/CSU Bundestagsfraktion, Dr. Angela Merkel, MdB, schrieb:
" Dieses Anliegen halte ich im Grundsatz für unterstützenswert, zumal Sie bereits in Ihrer Entschließung ausführen, dass mit einem solchen Ort des Gedenkens kein Ort der Anklage gegenüber der tschechischen Seite geschaffen werden soll."
"Ferner weisen Sie in Ihrer Entschließung auf das bereits bestehende Versöhnungskreuz im böhmischen Wekelsdorf hin. In der Tat ist mit diesem Ort, der an die Opfer der Gewalt erinnert, ein Ort des Gedenkens geschaffen worden, aus dem der Geist der Versöhnung erwachsen kann. Das gilt unbeschadet dessen, dass dieser Ort des Gedenkens inzwischen mehrfach geschändet worden ist."
"Wichtig ist in diesem Zusammenhang meiner Ansicht nach zudem, dass die Initiative für die Schaffung für einen solchen Ort des Gedenkens von der tschechischen Bevölkerung ausgegangen ist, die damit unter anderem auch den sudetendeutschen Opfern der Gewalt ein Angedenken schaffen wollte."
"Derartige Orte des Gedenkens an die Opfer von Gewalt und Willkür stellen einen beispielhaften Schritt der Versöhnung dar und sind ein wichtiges Zeichen auf dem Weg in ein gemeinsames Europa Daher unterstütze ich Ihr Anliegen, eine würdige Bestattung der Opfer von Gewalt durchzuführen. Allerdings schlage ich Ihnen vor, zunächst die Vertreter der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik in dieser Frage zu konsultieren. [...]"
"Ich habe daher die Arbeitsgruppe 'Vertriebene und Flüchtlinge' der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gebeten, in einem Gespräch mit der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik auch diese Frage zu thematisieren, um Überlegungen für die Umsetzung eines solchen Anliegens zu diskutieren."

Im Auftrag des Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Franz Müntefering ,MdB, teilte der Innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dr. Dieter Wiefelspütz, MdB folgendes mit:
"Ihr Anliegen, dass die vielen Opfer der deutschen Zivilbevölkerung in der damaligen Tschechoslowakei in würdiger Form zu bestatten sind, findet unsere Unterstützung. [...] Derzeit steht ein ergänzendes Kriegsgräberabkommen in Verhandlung und soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Danach werden auch Personen, die im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen von 1939/45 auf tschechischem Boden ums Leben gekommen sind, erfasst. Auf dieser Grundlage wird sich der Volksbund auch der zivilen Opfer annehmen können".

In dem Schreiben des Rechtspolitischen Sprechers der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Jerzy Montag, MdB, heißt es dazu:
"Die Entschließung der Sudetendeutschen Landsmannschaft Hessen habe ich genau gelesen. Besonders die Feststellung in der Entschließung, dass mit der Formulierung Ihres berechtigten Anliegens keine Anklage gegen das tschechische Volk erhoben werden soll, verdient Anerkennung. Ich bin im Rahmen einer Reise des Rechtsauschusses des Deutschen Bundestags in Prag und werde dabei versuchen, auch Ihr Anliegen bei der tschechischen Seite vorzutragen".

Der Innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Max Stadler, MdB führte in seinen Antwortschreiben aus:
"Ich habe mich bei Herrn Staatsminister Martin Bury, dem Koordinator des deutsch- tschechischen Gesprächsforums, für eine wohlwollende Prüfung Ihres Anliegens eingesetzt".

Adolf Wolf