Zentrale Veranstaltung zum Tag der Heimat in Wiesbaden

Ministerpräsident Roland Koch: Erfahrungen der deutschen Heimatvertriebenen müssen an die nächsten Generationen weitergegeben werden

Zum ersten Mal fand in Hessen eine zentrale Veranstaltung zum Tag der Heimat statt. Prominenter Redner war in der "guten Stube" der Hessischen Landesregierung, dem Biebricher Schloss, der Hessische Ministerpräsident Roland Koch. Seine Rede wurde von Applaus unterbrochen. Er kam bei den Teilnehmern sehr gut an.

Begriff der Heimat darf nicht missbraucht werden

Der Hessische Ministerpräsident vermied in seiner Ansprache Floskeln, Allgemeinplatze und unrealistische Forderungen. Die Zuhörer gewannen den Eindruck, dass Koch aus innerer Überzeugung heraus sprach. Seine philosophische Rede befasste sich hauptsächlich mit dem Begriff Heimat. Er verband das Motto des diesjährigen Tages der Heimat mit der Bedeutung der Heimat für die Vertriebenen.
Er traf genau die Gemütslage dieses Personenkreises. Sie hätten das Recht geistig sich der Heimat zu erinnern und auf Straße und Plätze zurückzukehren. Gefühle könnten nicht abgeschaltet werden wie Computer Zur Situation in der Tschechischen Republik führte der Ministerpräsident aus, dort beständen Ängste, dass etwas weggenommen werde und alte Rechnungen beglichen würden. Er sah es als politisch sehr gefährlich an, wenn ein Dialog nicht stattfinde und der anderen Seite die Gedanken verboten würden. Hier missbrauche man den Begriff Heimat und spiele Emotionen aus.. Heimat sei eine Herausforderung. Es gebe Menschen, die behaupteten, dass Konflikte nicht bestünden, wenn der Vorstellung über eine Heimat getilgt würde. Diese Auffassung sah Koch als Irrglauben an.

Der Ministerpräsident sprach im Zusammenhang mit der Charta vom 5.Augsut 1950 den Heimatvertriebenen ein Lob aus. Er stellte die rhetorische Frage, was eingetreten wäre, wenn die deutschen Heimatvertriebenen nicht auf Rache und Vergeltung verzichtet hätten. In Krisenherden in verschiedenen Teilen der Welt wäre es notwendig, eine solche Charta zu beschließen.

Koch setzte sich weiter mit der Globalisierung, der digital vernetzten Welt und den modernen Verkehrsmitteln auseinander. Viele glaubten, sie seien dadurch überall zu Hause. Das bewertete er jedoch als einen Irrtum.

Die deutschen Heimatvertriebenen betrachtete der Ministerpräsident als wichtige Träger von Erfahrungen, die an die weiteren Generationen weitergegeben werden müssten.

Mit Blick auf ein geeintes Europa bemerkte Koch, Europa könne nicht eine gemeinsame Heimat sein, da sonst die Welt digitalisiert würde. Es entstünde ein Land, das die Menschen nicht wollten. Die Heimat im ursprünglichen Sinn müsse erhalten bleiben. Er hielt es für erforderlich etwas zu schaffen, was noch nicht vorhanden sei. "Unsere Heimat wird in Europa sein und nicht Europa", führte der Hessische Ministerpräsident aus. An die Heimatvertriebenen gewandt, sagte er, wer glaube, das Problem Vertreibung sei mit der Erlebnisgeneration erledigt, der irre. Es komme darauf an, dass die Erfahrungen dieser Menschen weitergegeben werden. Es sei weiter ein Fehler, die Geschichte nicht aufzuarbeiten.

Menschenrechtsverletzungen müssen aufgearbeitet werden

Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, trat für eine Ostererweiterung der Europäischen Union unter der Bedingung ein, dass vorher Menschenrechtsverletzungen aufgearbeitet werden. Darüber dürfe nicht der Mantel des Schweigens gedeckt werden. Die Vertriebenen hätten ein zerstörtes Land mit aufgebaut. Sie seien vertrieben worden, weil sie Deutsche waren. Sie forderte, dass sich alle politischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland mit diesem Thema befassten. Sie dankte dem Hessischen Ministerpräsidenten für seine Unterstützung, die er den Heimatvertriebenen in Hessen zukommen lasse, besonders auch für die mentale Zuwendung.

"Aus Trümmern wurden Fundamente"

Der Landesvorsitzende des BdV von Hessen Alfred Herold schloss sich diesem Dank an. Er stellte besonders heraus, der Ministerpräsident habe vor der letzten Landtagswahl seine Versprechen gegenüber den Heimatvertriebenen eingehalten.

In diesem Zusammenhang nannte er die Bestellung des Beauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, die Erhöhung der Fördermittel für die Vertriebenenverbände. Weiter sei für den Bund der Vertriebenen ein Sitz im Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks geschaffen worden.

Weiter dankte der Landesvorsitzende der Hessischen Sozialministerin Silke Lautenschläger sowie der Verwaltung für die gute Zusammenarbeit.

Zum Motto des diesjährigen Tages der Heimat führte Herold aus, die Vertriebenen blickten nicht im Zorn zurück. Er verwies auf die Aufbauleistung der deutschen Heimatvertriebenen, aus Trümmern seien Fundamente geworden. Als Ziel nannte der Landesvorsitzende, die Kultur der Heimatgebiete der Vertriebenen im Bewusstsein des gesamten deutschen Volkes zu erhalten. Dabei seien die Geschichtsbücher eine wichtige Hilfe.

Abschließend sagte Herold "Die Zukunft können wir nur als Handelnde und nicht als Klagende gewinnen."

Ehrengäste auf der Seite der Vertriebenen

Die Bedeutung der Veranstaltung wurde auch an der großen Zahl der Ehrengäste deutlich. Stellvertretend sind zu nennen: Die Hessische Sozialministerin Silke Lautenschläger, der Vorsitzende der CDU- Fraktion im Hessischen Landtag, Norbert Kartmann, MdL, stellvertretend für den Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Marco Pighetti, der Vorsitzende des Unterausschusses im Hessischen Landtag für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Rudolf Haselbach, MdL, die Staatssekretäre Udo Corts und Dr.Hartmut Müller-Kinet und Dirk Metz, die Stadtverodnetenvorsteherin von Wiesbaden Angelika Thiels, als Vertreter des Oberbürgermeisters von Wiesbaden, Manfred Laubmeyer, die Bürgermeister von Hainburg, Bernd Bessel und von Staufenberg Horst Münch.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, Norbert Kartmann trat in seinem Grußwort der Meinung entgegen, die Vertriebenenverbände seien überholt. Sie führte einen Auftrag aus, der alle Deutschen angehe.

Die Stadtverodnetenvorsteherin von Wiesbaden, Angelika Thiels verwies auf die 12 Millionen Vertriebene sowie auf die erbrachte Integrationsleistung. Sie dankte den Vertriebenen für ihre Aufbauarbeit.

Dank an die Vertriebenenverbände

Das Schlusswort sprach der Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler. Rudolf Friedrich, MdL. Er dankte den Vertriebenenverbänden , dass sie den Tag der Heimat nicht als Anschuldigung, sondern als Mahnung auffassten. Die Heimatvertriebenen hätten in der Hessischen Landesregierung eine Verbündete für ihre Anliegen gefunden.

Der Tag der Heimat wurde in einer feierlichen Atmosphäre durchgeführt. Die musikalische Umrahmung lag in den Händen des Allegria-Quartetts.

Adolf Wolf