Siegbert Ortmann über die Sudetendeutschen

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft Siegbert Ortmann hat sich beim allmonatlichem Treffen von Sudetendeutschen im hessischen Lauterbach mit der Geschichte seiner Volksgruppe auseinandergesetzt.

Wer die Jahrhunderte alte Geschichte der Sudetendeutschen - vormals Deutsche in Böhmen - kenne, werde immer mit Stolz und Anerkennung auf diese alte Volksgruppe verweisen, so Ortmann. In der Vergangenheit sei häufig versucht worden, die nachwachsende Generation bei den Sudetendeutschen ihrer historischen Wurzeln zu entfremden oder gar zu berauben. Diese Bemühungen seien erfolglos gewesen, stellte er fest.

Die Nachkommen der sudetendeutschen Heimatvertriebenen interessierten sich erkennbar mehr und mehr für ihre Herkunft und ihre familiären Wurzeln in Böhmen, Mähren und Schlesien. Dies zeige, dass der beharrliche und zähe Einsatz zur Erhaltung der Erinnerungskultur auf der Grundlage geschichtlicher Wahrheit und der ehrlichen Bereitschaft zur Völkerverständigung bei den vielfältigen Aktivitäten der Vertriebenenorganisationen richtig gewesen sei.

"Deshalb gilt es, diese Arbeit auch in Zukunft kontinuierlich fortzusetzen mit dem Ziel, die Geschichte der Sudetendeutschen den zukünftigen Generationen wahrhaftig zu überliefern und die leider noch vorhandenen Vorurteile auf beiden Seiten zu beseitigen", so Ortmann.

Das Interesse an den ehemaligen deutschen Mitbürgern und deren Schicksal nehme auch bei jungen Tschechen zu. Erst kürzlich habe sich ein junger tschechischer Journalist namens Vilem Barak in einer Prager Tageszeitung sehr offen mit diesem Thema befasst und die Vertreibung der Deutschen als "Jauchegrube der tschechischen Geschichte" bezeichnet, die "ewig zu stinken drohe". Und weiter kommentierte Barak wörtlich: "Hören wir endlich auf, die an den Deutschen begangene Gewalt mit Hinweis auf die Kriegsereignisse zu rechtfertigen. Anspruch auf Rache ist nicht Bestandteil einer zivilisierten Rechtsordnung." Die Tschechen sollten sich nicht weiter hinter Beschlüsse der Potsdamer Konferenz verstecken oder hinter der Behauptung, dass eine andere Behandlung der deutschen Minderheit nicht möglich gewesen sei, denn der Krieg sei längst vorbeigewesen und aus Mord sei wieder Mord geworden.

Solche durchaus zutreffenden Einschätzungen sollten aber nach Ansicht des SL-Vertreters Siegbert Ortmann nicht der Schlusspunkt im gegenseitigen sudetendeutsch-tschechischen Verhältnis sein, sondern ein Ansporn zu weiterer offener und ehrlicher Verständigungsbereitschaft unter den Betroffenen und damit einer friedlichen, von allen nationalistischen Ansätzen endlich befreiten Zukunft in Mitteleuropa.

Text: Norbert Quaiser; Foto: Erika Quaiser
Im November 2013