"Das Leid der Heimatvertriebenen darf nicht unterschlagen werden"

Ministerpräsident Roland Koch beim "Tag der Vertriebenen" beim diesjährigen Hessentag in Homberg/Efze

Zum achten Mal fand der "Tag der Vertriebenen" beim Hessentag statt. In die Fachwerkstadt Homberg/Efze waren aus allen Teilen Hessens Vertriebene zu dieser Veranstaltung gekommen. In der vollbesetzten Stadthalle war kein Stuhl mehr zu bekommen.

Mit einem zünftigen Marsch begrüßten die Egerländer Musikanten aus Melsungen die Teilnehmer. Um die Verbindung zu Hessen herzustellen, trug ein Egerländer Chor das Hessenlied vor. Ministerpräsident Roland Koch, der mit seiner Gattin den Tag der Vertriebenen besuchte, war begeistert. "Die Vertriebenenchöre kennen das Hessenlied besser als alle anderen", war sein Kommentar.

In seiner Ansprache unterstrich der Ministerpräsident besonders, dass es gelungen sei, die Kultur der Heimatvertriebenen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen. Zum Hessentag gehöre der Tag der Vertriebenen dazu. "Er ist ein Teil unseres Landes", hob Koch unter großem Beifall hervor. Die Landesregierung habe großes Interesse daran, dass die kulturelle Arbeit der Heimatvertriebenen fortgesetzt werde. "Es ist die Absicht der Landesregierung, die bisherige finanzielle Förderung der Vertriebenenverbände beizubehalten. Ich verspreche meinen Widerstand gegen alle Kürzungspläne und hoffe, dass es dazu nicht kommen wird", versicherte der Ministerpräsident. Zur Integration der Spätaussiedler bemerkte er, hier profitiere man von den Erfahrungen der Heimatvertriebenen. Er bedankte sich beim Bund der Vertriebenen und der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland für die Mithilfe bei der Integration der Spätaussiedler.

Als zukünftige Aufgabe der Vertriebenenverbände nannte Koch, das Erinnern an die Vertreibung, die kulturelle Arbeit sowie die Hilfe bei der Integration der Spätaussiedler.

Auch wies der Ministerpräsident auf die schwierige Situation in Europa hin, "wenn es um das Thema Vertreibung geht". "Die Vertreibung ist ein Teil der Geschichte unseres Landes. Wir als Deutsche tragen die Verantwortung für das Leid, das durch den Zweiten Weltkrieg verursacht wurde. Aber auch Deutsche haben Leid erfahren. Das darf nicht unterschlagen werden", stellte Koch fest. Das Erinnern sei im "Zentrum gegen Vertreibungen" in Berlin gut aufgehoben. Hessen habe als erstes Bundesland einen finanziellen Beitrag dazu geleistet.

Landesvorsitzender Alfred Herold bezeichnete Homberg/Efze während des Hessentages als heimliche Hauptstadt Hessen. Der Hessentag sei aus dem Sudetendeutschen Tag in Frankfurt am Main hervorgegangen. Der damalige Ministerpräsident Georg August Zinn habe dieses Treffen aufgegriffen, um die Menschen in Hessen zusammenzuführen.

Der Landesvorsitzende dankte der hessischen Bevölkerung für die Aufnahmebereitschaft und die Opferbereitschaft, die sie den Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg entgegenbrachte. Als Ehrengäste begrüßte Herold, Bürgermeister Martin Wagner, Landrat Frank-Martin Neupärtl, die Landtagsabgeordneten Gudrun Osterburg (CDU) und Dieter Franz (SPD) sowie den Landesbeauftragten der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Rudolf Friedrich.

Bei den Grußworten kam die Verbundenheit mit den Heimatvertriebenen zum Ausdruck. Bürgermeister Martin Wagner machte deutlich, "was wäre die Stadt ohne die Vertriebenen und ohne die katholische Kirchengemeinde, die von den Vertriebenen gegründet wurde". Die Vertriebenen hätten große Leistungen bei der Entwicklung der Stadt erbracht.

Auch Landrat Frank-Martin Neupärtl, seine Eltern stammen aus der Iglauer Sprachinsel, erinnerte daran, dass der Kreis viele Heimatvertriebenen aufgenommen habe. "Nur durch gegenseitige Anerkennung und Hilfe konnte viel geleistet werden. Hier bedanke ich mich hier als Landrat", stellte er heraus. Als wichtige Aufgabe sah der Landrat die Aussöhnung mit den östlichen Nachbarn an. Hier hätten die Heimatvertriebenen "eine Brücke zwischen Ost und West geschaffen".

Weiter erfolgte beim Tag der Vertriebenen eine hohe Ehrung. Alfred Herold, auch stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft, zeichnete den Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Rudolf Friedrich, mit dem Ehrenbrief der Sudetendeutschen Landsmannschaft aus. Es handelt es sich dabei um die zweithöchste Auszeichnung. Herold würdige die besonderen Verdienste von Friedrich für die Heimatvertriebenen.

Es schloss sich an den offiziellen Teil ein buntes kulturelles Programm an. Die schlesische Trachtengruppe Schreiberhau führte Volkstänze vor. Die Egerländer Trachtengruppe begeisterte mit ihren Darbietungen. Die Geschwister Bier sangen Lieder aus der verlorenen Heimat. Bei der Liedern "Vuglbeerbaam, Tief drin im Böhmerwald" sowie beim "Feierobnlied" wurden bei vielen Erinnerungen wach.

Eine besondere Augenweide bot die Tanzgruppe der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Wiesbaden. In bunten Kostümen schwebten die Kinder mit den gut einstudierten Tänzen über die Bühne. Ihre, auch modernen Tänze, brachten den Kindern viel Beifall ein.

Durch das Programm führte Ingrid Paulus.

Landesvorsitzender Alfred Herold schloss den Tag der Vertriebenen mit den Worten:
"Lass Dir die Fremde zur Heimat, aber die Heimat nie zur Fremde werden!"

 

Adolf Wolf
im Juni 2008