Gedenken an Adalbert Stifter

Anlässlich des 200. Geburtstages des großen Dichters aus dem Böhmerwald, Adalbert Stifter, führte die Landesgruppe Hessen der Sudetendeutschen Landsmannschaft im Wappensaal des Hauses der Heimat in Wiesbaden eine Gedenkfeier durch. Landesobmann Alfred Herold begrüßte besonders die Urgroßnichte Stifters, Frau Maria Schulze-Kroiher sowie die ehemalige Adalbert Stifter Gruppe aus Darmstadt.

Frau Schulze-Kroiher, selbst literarisch tätig, beschrieb in ihrem Vortrag die Person des Dichters. Als Bauernbub aus Oberplan im Böhmerwald sei er in eine für ihn unbekannte Welt des Benediktinergymnasiums in Kremsmünster gekommen.

Aus ärmlicher Verhältnissen kommend habe er sich mit dem Adel und Bürgertum nicht "ebenbürtig" gefühlt. Stifter beschrieb sich selbst als Außenseiter. Das Gefühl nicht dazuzugehören "war allgegenwärtig", es begleitete ihn dauernd.

Seine soziale Herkunft und seine Finanznöte während der Studentenzeit ließen eine Ehe mit der Tochter des Leinwandhändlers Greipl aus Friedberg im Böhmerwald, Fanny, nicht zu. Der Vater von Fanny bezeichnete ihn als lasterhaften Studenten ohne festes Einkommen. Stifter sei damals in einem Konflikt zwischen Berufung und Beruf gewesen. Während seines Lebens habe ihn die unerfüllte Sehnsucht nach seiner Geliebten aus der Jugendzeit begleitet.

Adalbert Stifter heiratete die Offizierstochter Amalie Mohaupt. Zwischen ihr und Stifter stand "Fanny", die wie eine gute Fee vor seinem geistigen Auge herschwebte. Das zeigten die Frauengestalten in seinen Schriften. Der Dichter sagte einmal, seine Ehefrau sei ihm an nächsten, aber am weitesten von ihm entfernt.

Eine besondere Beziehung hatte Stifter zu seiner Mutter. Als einfache Frau vom Land verstand sie seine Schriften. Weiter habe Stifter eine nie nachlassende Liebe zu seinem Elternhaus und zu seiner "Waldheimat" empfunden. Allerdings bestand Ablehnung gegenüber dem Stiefvater, der ihm die "Mutter weggenommen hatte".

Stifter war auch während seiner Studienzeit ein Außenseiter. Er studierte in Wien Jura, Mathematik, Naturwissenschaften und Geschichte, schloss das jeweilige Studium jedoch ohne Examina ab. Als Hauslehrer schlug er sich in adeligen Kreisen durchs Leben. Später wurde er zum Schulrat und zum Inspektor für die oberösterreichischen Schulen ernannt.

Den Vortrag von Frau Maria Schulze-Kroiher ergänzte Oberstudienrat a. D. Friedebert Volk mit einer Bilddokumentation aus dem Leben des Dichters.

Stifter war auch ein hochtalentierter Landschaftsmaler. Volk zeigte auch ein Bild von Oberplan, der geliebten Heimat Stifters.

Wie oft ein Genie verkannt wird, ergab sich an dem "Lesebuch zur Förderung humaner Bildung in Realschulen", das Stifter mitkonzipierte. Die Schulbehörde genehmigte das Buch nicht. Die amerikanische Militärregierung jedoch führte dieses Lesebuch im Jahre 1946 in den bayerischen Schulen ein.

Der Dichter hatte keine Charakterzüge eines Revolutionärs. Vielmehr sagte man ihm eine gewisse Weichheit nach. Die Revolution 1848 in Wien begrüßte er zwar, zog sich aber zurück.

Die ehemalige Adalbert Stifter Gruppe gab der Veranstaltung einen würdigen Rahmen. Der Leiter der Gruppe, Gustl Gromes, hatte Gedichte von Stifter vertont, wie der Landeskulturreferent der Landesgruppe Hessen der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Helmut Seidel, ausführte.

Adolf Wolf