Die deutsche Minderheit in der Tschechischen Republik fühlt sich von Deutschland im Stich gelassen

Seminar des Deutsch-Europäischen Bildungswerks in Mährisch-Schönberg (Sumperk)

Bei dem Seminar des Deutsch-Europäischen Bildungswerks in Mährisch-Schönberg war auch die deutsche Minderheit in der Tschechischen Republik eingebunden. Dabei kam besonders zum Ausdruck, dass die finanzielle Förderung durch die Bundesrepublik Deutschland immer geringer wird. Damit ist die Überlebensfähigkeit der deutschen Verbände gefährdet.

Walter Sitte, Vorsitzender des Verbandes der Deutschen in Nordmähren, schilderte die finanziellen Engpässe. Die Mittel aus der Bundesrepublik Deutschland seien so gekürzt worden, dass die Energiekosten nicht mehr bezahlt werden konnten.

Der Kulturattache der Deutschen Botschaft in Prag lehnte eine weitere finanzielle Förderung des Begegnungszentrums ab. Die finanziellen Zuwendungen der letzten zehn Jahre würden ausreichen. Mährisch-Schönberg gilt als das größte und schönste Begegnungszentrum in der Tschechischen Republik. Als Helfer in der Not sprangen die Stadt Mährisch-Schönberg und die Gesellschaft der deutsch-tschechischen Begegnung Sumperk/Mährisch Schönberg ein. So konnte das Begegnungszentrum gerettet werden. Sitte dankte der Stadt Mährisch-Schönberg, insbesondere dem Bürgermeister, Zdenek Broz, und dem Verein für die finanzielle Unterstützung.

Auf die Mitgliederzahl seines Verbandes eingehend, fuhr Sitte fort, nach der Wende seien 600 Angehörige der deutschen Minderheit beigetreten. Heute betrage die Mitgliederzahl 400. Der Verband in Mährisch-Schönberg hat 100 Mitglieder.

Die Präsidentin des Landesversammlung der Deutschen in Böhmen Mähren und Schlesien, Irene Kunc, bestätigte den von Walter Sitte dargestellten Trend, so musste das Begegnungszentrum in Budweis geschlossen werden. Heute gebe es noch 22 solcher Einrichtungen. Der tschechische Staat fördere Projekte der deutschen Verbände mit 20 Prozent der Kosten. Die Deutschen in der Tschechischen Republik zählten zu den 22 anerkannten Minderheiten.

Als Aktivitäten der 22 deutschen Verbände nannte die Präsidentin, Sprachkurse für Kinder und Erwachsene, Kulturtage, Ausstellungen, Chöre und Tanzgruppen.

Allerdings sei es schwierig, an die jüngere Generation heranzukommen.

Kinder und Enkelkinder wuchsen mit tschechisch als Muttersprache auf. Nur die 60 bis 65-jährigen würden die deutsche Sprache in geringem Maße beherrschen.

Zum Verhältnis zu der tschechischen Bevölkerung führte sie an, hier beständen keine Probleme.

Frau Kunc sprach auch die aus Deutschland kommende Forderung nach zweisprachigen Ortsschildern an. Die in den betreffenden Gemeinden lebenden Deutschen wären dagegen. Es bestände die Befürchtung, damit schaffe man sich "böses Blut". Die deutschen Einwohner dieser Ortschaften wollten sich öffentich nicht dazu äußern. Hinzu komme, dass die Jugend tschechisch aufgewachsen sei und kein Interesse daran habe.

Erika Vosahlova,Vizepräsidentin der Landesversammlung der Deutschen aus Böhmen, Mähren und Schlesien beschrieb ihre Methode der Sprachförderung.
Die Kinder aus deutschen Familien lernten spielerisch die deutsche Sprache. Es müssten jedoch schon Deutschkenntnisse vorhanden sein. Diese Methode habe sich bewährt, sagte Frau Vosahlova weiter. Auch fänden Familienaufenthalte mit der Ackermanngemeinde in Würzburg statt.

Zur Zahl der in der Tschechischen Republik lebenden Deutschen bemerkte sie, nach der letzten Volkszählung hätten 38.000 ihre Volkszugehörigkeit mit deutsch angegeben. Diese Zahl könnte jedoch nicht stimmen, so seien aber 40.000 deutsche Pässe ausgegeben worden. Frau Vosahlova führte das darauf zurück, dass Angehörige der deutschen Minderheit heute noch Bedenken hätten, sich als Deutsche öffentlich zu bekennen.

Adolf Wolf
Oktober 2008