Zentrale Veranstaltung zum Tag der Heimat in Wiesbaden

Hessischer Ministerpräsident Roland Koch für Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin

Zum zweiten Mal fand in der "guten Stube" Wiesbadens, im Biebricher Schloss, die zentrale Veranstaltung zum Tag der Heimat des Landesverbandes Hessen des Bundes der Vertriebenen statt. Trotz des herrlichen Spätsommerwetters war die Rotunde und der angrenzende Saal bis auf den letzten Platz besetzt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die Durchsetzung der Menschenrechte und das Zentrum gegen Vertreibungen.

Benesch-Dekrete entsprechen nicht der Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit

Die Festansprache hielt der Hessische Ministerpräsident Roland Koch. Er wurde mit lang anhaltendem Beifall begrüßt. Neben den Fragen ,die die deutschen Heimatvertriebenen betreffen, hatte seine Rede auch einen philosophischen Charakter. Koch nannte das Motto des diesjährigen Tages der Heimat "Mit Europa die Menschenrechte vollenden" eine "kluge und richtige Weichenstellung". Den Beitritt der zehn europäischen Staaten bewerte Koch als richtige Entscheidung.

Mit Blick auf die Tschechische Republik bemerkte er, die Benesch-Dekrete entsprächen nicht der Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit. Die Europäische Union dürfe niemand das Recht geben, dass Unrechtstatbestände hingenommen werden. Es gehe nicht um die Frage, wer Unrecht hat, sondern um die Legitimität von Systemen.

Der Hessische Ministerpräsident sprach sich für ein Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin aus. Er könne der Auffassung des früheren polnischen Außenministers Wladislaw Bartoszewski nicht folgen. Er persönlich und auch die Hessische Landesregierung würden darauf hinwirken, "dass es ein Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin gibt", sagte Koch unter großem Beifall. "Wenn es uns Deutsche mahnen soll, was Vertreibung heißt, und wenn wir die Menschenrechte zugrunde legen, dann wäre es eine Feigheit, wenn wir nicht die Kraft hätten zu unserer Hauptstadt und zu unserer Geschichte zu stehen", fuhr er fort. Es solle niemand Angst vor einem anklagenden Mahnmal haben. Wenn neu Anklage erhoben werden würde, gefährde das etwas , "was wir überwunden haben". Die Menschenrechte müssten das oberste Prinzip sein.

Der Hessische Ministerpräsident übte in diesem Zusammenhang Kritik an der Bundesregierung. So habe bei einer Veranstaltung zum Tag der Heimat der Bundesinnenminister Unterstützung für das Zentrum gegen Vertreibungen zugesagt.

Es sei fatal für junge Menschen, wenn sich Politiker nicht an ihre Aussage hielten, weil sie ihre Meinung durch Druck von außen änderten.

Zeichen von Heimatliebe und Heimattreue

Der Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Alfred Herold, dankte dem Hessischen Ministerpräsidenten für die ideelle und finanzielle Unterstützung. Weiter lobte er die gute Zusammenarbeit mit der Hessischen Sozialministerin Silke Lautenschläger und mit dem Landesbeaufragten der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler Rudolf Friedrich.

Herold stellte heraus, der Tag der Heimat sei ein sichtbares Zeichen von Heimatliebe und Heimattreue. Die deutschen Heimatvertriebenen wollten damit dokumentieren, dass ihre Arbeit nach wie vor eine große gesellschaftliche Herausforderung ist.

Das Motto des Tages der Heimat sei nicht nur zukunftsweisend, es umschreibe auch prägnant die zeitlose Aufgabe des Bundes der Vertriebenen.

Zu der Veranstaltung waren zahlreiche Vertreter des öffentlichen Lebens gekommen. Besonders begrüßte der Landesvorsitzende Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion. "Das Schicksal dieser Menschen, die den doppelten Kreuzweg von Deportation und Vertreibung erleben mussten, ist weithin unbekannt. Nicht nur negative Beispiele gibt es zu berichten, es gibt auch viele Positives und wir sind alle aufgerufen, dass die Integration dieser schwer geprüften Menschen gelingt", appellierte er an die Öffentlichkeit.

Mit dem Hessischen Rundfunk gab es bezüglich der Berichterstattung über den Bund der Vertriebenen in den letzten Jahren Konflikte. Das Verhältnis hat sich entspannt.

Alfred Herold konnte auch den stellvertretenden Intendanten des Hessischen Rundfunks, Fernsehdirektor Dr. Dieter Sommer, begrüßen.

Defizite bei Menschenrechten in Europa

Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen führte in ihrem Grußwort aus, Europa sei ein Hort der Menschenrechte. Defizite bei diesen müssten deutlich gemacht werden.

Zum Zentrum gegen Vertreibungen bemerkte sie, es habe hitzige Debatten und eklatante Ausrutscher in der Wortwahl gegeben. Sie übte weiter Kritik daran, dass Ängste von Deutschland nach Polen getragen worden seien. Das halte sie für verantwortungslos. Die Bundesregierung dürfe nicht nur Verständnis für die anderen aufbringen , sondern auch für die deutschen Heimatvertriebenen.

Weiter verlas sie eine Grußbotschaft von Papst Johannes Paul II zu dem in Berlin stattgefundenen Tag der Heimat. Darin heißt es unter anderem:
Europa hat in seiner jüngeren Geschichte durch menschenfeindliche Ideologien wie auch durch übersteigerte Nationalismen furchtbare Konflikte in und unter den Nationen bis hin zur ungeheuren Tragödie zweier Weltkriege ertragen müssen. Der Tag der Heimat ist dem Gedenken all jener Menschen gewidmet, die durch die zerstörerische Macht des Hasses und der Vergeltung aus ihren angestammten Lebensbezügen herausgerissen wurden [...]
Im festen Vertrauen auf ein Europa geeinter und versöhnter Völker erteilt seine Heiligkeit Papst Johannes Paul II allen Teilnehmern, den Veranstaltern und Referenten des diesjährigen Tages der Heimat des Bundes der Vertriebenen von Herzen des Apostolischen Segen.

Der Präsident des Hessischen Landtages Norbert Kartmann sagte in seinem Grußwort, Europa werde größer aber manche täten sich schwer mit der Vertreibung umzugehen. Nach seiner Auffassung werde das Zentrum gegen Vertreibung mit Konsequenz und Geduld Realität werden.

Der Tag der Heimat soll ein Tag für alle heimatverbundenen Deutschen werden

Der Landesbeauftagte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Rudolf Friedrich, äußerte sein Missfallen gegenüber der politischen Linken in Deutschland. Diese politischen Kräfte die sich für die Wehrmachtsausstellung eingesetzt hätten, seien heute gegen das Zentrum gegen Vertreibungen. Bundesaußenminister Joschka Fischer habe in Prag von Selbstzerstörung gesprochen.

Friedrich forderte, der Tag der Heimat solle ein Tag für alle heimatverbundenen Deutschen werden. Das gelte für heute und für die Zukunft. Das bewiesen die hochkarätigen Redner beim Tag der Heimat in Berlin. Dort habe Bundespräsident Johannes Rau gesprochen. Auch der Papst sandte eine Grußbotschaft. In Hessen hielt der Ministerpräsident die Festansprache.

Friedrich zeigte sich verwundert, dass die Spätaussiedler bei großen Teilen der Bevölkerung als Last empfunden wurden. Es bestehe eine Verpflichtung, diese Menschen aufzunehmen.

Adolf Wolf