Landesversammlung der SL-Hessen in Alsfeld
24. April 2004

EU-Erweiterung unter großen Vorbehalten begrüßt

Im Zeichen der Erweiterung der Europäischen Union stand die Landesversammlung der Landesgruppe Hessen der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Alsfeld.

In einer einstimmig angenommen Entschließung begrüßten die Delegierten den Beitritt der Tschechischen Republik und der Slowakei, jedoch unter großen Vorbehalten. Sie stellen dazu fest, daß diskriminierende und gegen das Völkerrecht verstoßende Gesetze in der europäischen Rechts- und Wertegemeinschaft keinen Platz haben dürfen. Sie forderten die Aufhebung der Benesch-Dekrete, soweit diese die Sudetendeutschen betreffen, sowie die Annullierung des sogenannten Straffreistellungsgesetzes. Weiter verlangte die Landesversammlung die Heilung des Vertreibungsunrechts durch einen für beide Seiten tragbaren Ausgleich.

In einer weiteren Entschließung erhoben die Delegierten schärfsten Protest gegen die posthum vorgenommene Ehrung des früheren tschechoslowakischen Präsidenten Edward Benesch. Sie sahen darin eine Verhöhnung der Opfer der Vertreibung. Die Delegierten dankten dem tschechischen Senat, der ein Veto gegen dieses Gesetz eingelegt hatte sowie den tschechischen Abgeordneten, die gegen dieses Gesetz gestimmt hatten.

Bewußtseinsänderung erforderlich

Landesobmann Alfred Herold sprach der politischen Kaste der ewig Gestrigen in der Tschechischen Republik die Europareife ab. Mit den Benesch-Dekreten und dem Straffreistellungsgesetz habe die Tschechische Republik ein Leiche im Keller, die auf dem Wenzelsplatz öffentlich verbrannt werden sollte. Wer sich weigere, die menschenrechtswidrigen Benesch-Dekrete und das Straffreistellungsgesetz aufzuheben und diese Haltung noch durch die posthume Ehrung des Hauptschuldigen für die Vertreibung der Sudetendeutschen verstärke, sei nicht europareif. Für Benesch müßten die gleichen Grundsätze gelten wie für Milosevic. Herold dankte den tschechischen Politiker. die diesem Gesetz nicht zugestimmt hatten.

Als Ziel nannte der Landesobmann die Heilung des Vertreibungsunrechts. "Wir wollen Gerechtigkeit und eine Heilung unseres verletzten Rechtsempfindens", verlangte Herold. Als eine Lösung sah er die Veränderung der politischen Meinung in der Tschechischen Republik an. Dies sei eine zähe und langwierigen Aufgabe. Es komme darauf an, auf die Menschen zuzugehen.

Kritik übte der Landesobmann an der Bundesregierung. Nach seiner Auffassung hätte sich das Verhältnis zwischen Sudetendeutschen und der Tschechischen Republik besser gestaltet, wenn die Bundesregierung für die berechtigten Belange der Sudetendeutschen eingetreten wäre. Er schloß mit dem Zitat von Immanuel Kant "Alle Macht steht auf der Seite des Rechts. Auf diesem moralischen Fundament wollen wir unsere Arbeit fortsetzten."

Demütigung der Sudetendeutschen setzte sich fort

Zu dem Thema "Hat die sudetendeutsch-tschechische Aussöhnung Zukunft" sprach Prof. Dr. Adolf Hampel. Er gab eine schonungslose Analyse des Verhältnisses zu den Sudetendeutschen. Die Tschechische Republik nannte Prof. Hampel eine schwere moralische Belastung für die Europäische Union. Durch die Weitergeltung der Benesch-Dekrete sei dem Wertesystem der europäischen Gemeinschaft großer Schaden zugefügt worden. Mit welchem Recht könnten EU und Nato bei Vertreibungen intervenieren, wenn in der Tschechischen Republik die Vertreibung der Sudetendeutschen als gerechtfertigt angesehen werde.

Prozentual in Bezug auf die Bevölkerungszahl könne man in der Tschechoslowakei von einem Superlativ der Vertreibung sprechen. Die Tschechoslowakei habe nach dem Zweiten Weltkrieg ein Drittel der Bevölkerung vertrieben.

Auch setze sich die Demütigung der Sudetendeutschen durch tschechische Politiker fort. Als Beispiele nannte er die posthume Ehrung von Edward Benesch sowie die Äußerung von Zeman und Spidla.

Professor Hampel lobte Ungarn. So habe das ungarische Parlament die Vertreibung der Ungarndeutschen als ein Verbrechen bezeichnet und eine symbolische Entschädigung gewährt. Weiter erklärte Ungarn, die Benesch-Dekrete nach dem 1. Mai 2004 wieder auf die Tagesordnung zu setzen.

Prof. Hampel appellierte an die Delegierten nicht aufzugeben, sondern Verbündete zu suchen und Aufklärungsarbeit zu leisten.

Arbeit der Landsmannschaften soll weiter gefördert werden

Der Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Rudolf Friedrich, überbrachte die Grüße von Ministerpräsident Roland Koch und von der Hessischen Sozialministerin Silke Lautenschläger. Er bekräftige, daß die Landesregierung trotz der Sparzwänge die Arbeit der Landsmannschaften zukünftig angemessen fördern und ideell unterstützen werde.

Friedrich wies darauf hin, daß das Thema Vertreibung künftig im Unterricht an den Schulen behandelt werde. Auch nehme Ministerpräsident Roland Koch am Tag der Vertriebenen beim Hessentag in Heppenheim teil.

Vertreibung schwerstes Verbrechen

Die Stadtverordnetenvorsteherin von Alsfeld, Bärbel Heinrich, brandmarkte in ihrem Grußwort die Vertreibung der Deutschen als ein schweres gegen das Völkerrecht verstoßendes Verbrechen.

Weiter lobte sie die Aufbauarbeit der Heimatvertriebenen. Als weitere Ziele führte sie die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts und des Rechts auf die Heimat an.

Die Charta der deutschen Heimatvertriebenen nannte sie ein Beispiel der ausgestreckten Hand der Versöhnung.

Adolf Wolf

Siehe auch: Entschließung der Landesversammlung in Alsfeld